So funktionieren eine LAG und eine lokale Strategie

  Wie gründet man eine lokale Aktionsgruppe (LAG)?
Welche Mindestanforderungen hat eine LAG zu erfüllen?
Organisationsstruktur einer LAG
Die Aufgaben des Vorstands und der Belegschaft
Strategieausführung
Förderung der Zusammenarbeit
Effektive Projektentwicklung und Projektauswahl
Strategische Projektsensibilisierung und Projektentwicklung: Ausführung und Strategie aufeinander abstimmen
Das Antragsverfahren
Projektauswahl
Für einen reibungslosen Projektverlauf sorgen
Projektergebnisse messen und erfassen

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Wie gründet man eine lokale Aktionsgruppe (LAG)?

„Lokale Vorkämpfer“ gesucht

Der „lokale Vorkämpfer“ bildet eine wichtige Säule des LEADER-Konzepts. Den Anstoß zur Gründung einer LAG gibt normalerweise eine Person oder Personengruppe mit dem notwendigen Maß an Glaubwürdigkeit, Befähigung und öffentlicher Unterstützung auf lokaler Ebene. Typische Beispiele für entsprechende Wegbereiter aus Wirtschaft und Gesellschaft sind die Spitzen von Vereinen und Verbänden (Dorferneuerungsvereine, Wirtschaftsverbände usw.), Geschäftsleute und Landwirte. Auf staatlicher Seite werden Initiativen häufig von kommunalen Mandatsträgern, Kommunalpolitikern und Schulleitern ergriffen. Damit eine Initiative überhaupt in Gang kommt, bedarf es wenigstens einer entschlossenen Person, die andere mitreißen kann. Diese Person wird in der Regel auch die bzw. der erste Vorsitzende der LAG.

Rechtsform und amtliche Eintragung

Zur Sicherung einer breiten öffentlichen Zustimmung müssen von Beginn an alle möglichen Interessengruppen eingebunden werden. Es kann gesetzlich vorgeschrieben sein, dass sich eine LAG schon früh im Verlauf ihrer Gründung amtlich eintragen lassen muss. Als Rechtsform einer LAG bietet sich der gemeinnützige Verein an, auch weil diese Rechtsform den Einwohnern der LAG-Region eine kostenlose Mitgliedschaft ermöglicht. In der Satzung einer LAG sollten ungeachtet der gewählten Rechtsform stets die Beitrittsvoraussetzungen, die Größe und Zusammensetzung der Mitgliedschaft, die Größe und Zusammensetzung des Vorstands, der Hauptversammlung oder anderer Beschlussorgane sowie die entsprechenden Beschlussfassungsverfahren geregelt sein.

Von Top-down zu Bottom-up

Den allerersten Schritt zur Gründung einer LAG ergreift oftmals eine übergeordnete Stelle. Dies kann in Form einer behördlichen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen oder in Form einer Bildungsmaßnahme unter Leitung entsprechend beauftragter Fachleute erfolgen. Unerlässlich ist, dass die lokalen Handlungsträger breite Mitwirkungsbereitschaft signalisieren. Mit am häufigsten scheitern LAG nämlich daran, dass sie sich nicht richtig in ihrer Region zu verankern wissen und es zur Bildung kleiner, oftmals von Beratern dominierter Zirkel kommt.

Vertrauen aufbauen

Der Beratungs- und Planungsprozess für die lokale Entwicklungsstrategie beginnt normalerweise sofort nach dem Finden der Partner (die offizielle Gründung mit der gewählten Rechtsform kann später erfolgen). So erhalten die Beteiligten die Gelegenheit, sich besser kennenzulernen und herauszufinden, wie sie im Sinne eines gemeinsamen Ziels zusammenarbeiten können. Der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Partnern ist ein wesentlicher Eckpfeiler des LEADER-Konzepts. Am Erhalt dieses Vertrauensverhältnisses muss kontinuierlich gearbeitet werden.

Welche Mindestanforderungen hat eine LAG zu erfüllen?

Die Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen (CPR) regelt in Artikel 32 bis 34 einheitliche Mindestanforderungen für LAG und eine von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklung. Die Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung enthält in Artikel 42 bis 44 konkrete Regelungen für LEADER-LAG. Die wichtigsten Kriterien und Aufgaben werden im Folgenden beschrieben.

Das LAG-Gebiet

Das Einsatzgebiet der LAG muss eine subregionale Gebietseinheit mit in der Regel 10.000 bis 150.000 Einwohnern sein. Die entsprechenden Faktoren sollten in der lokalen Entwicklungsstrategie der LAG niedergelegt werden. Das LAG-Gebiet ist nicht zwingend an Verwaltungsgrenzen gebunden. Zwar kann ein Gebiet nur zu einer LEADER-LAG gehören, aber es darf sich mit dem Gebiet einer anderen LAG überschneiden, die sich (wie etwa eine lokale Aktionsgruppe Fischerei/FLAG) aus einem anderen Fonds finanziert, sofern die zwei lokalen Entwicklungsstrategien einander ergänzen und nicht zueinander im Wettbewerb stehen.

Hinreichende Befähigung

Die lokale Entwicklungsstrategie muss eine Beschreibung der Leitungs- und Kontrollregelungen für die Strategie sowie Nachweise über die Befähigung der LAG zur Ausführung der Strategie enthalten.

Federführender Partner in Verwaltungs- und Finanzangelegenheiten

Die Verwaltungsbehörden sind dafür verantwortlich, dass die LAG aus ihrem jeweiligen Partnerkreis entweder einen federführenden Partner in Verwaltungs- und Finanzangelegenheiten bestimmen oder die Aktionsgruppe in Gestalt rechtmäßig eingesetzter Gremien zusammentritt.

Prinzip der öffentlich-privaten Partnerschaft

Eine von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklung muss unter Federführung lokaler Aktionsgruppen erfolgen, die sich aus Vertretern öffentlicher und privater lokaler sozioökonomischer Interessen zusammensetzen, in denen auf der Entscheidungsebene weder die öffentliche Hand im Sinne der nationalen Regelungen noch eine einzelne Interessengruppe mehr als 49 % der Stimmrechte vertritt.

Befähigung zur Verwaltung öffentlicher Mittel

Die LAG muss sowohl in ihrer Satzung als auch in ihrer Strategie darlegen, wie sie sich im Innenverhältnis organisieren und wie sie jene betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und Verwaltungskompetenzen erwerben wird, die zur Verwaltung öffentlicher Mittel notwendig sind.

Aufgaben der LAG

Die Mitgliedstaaten legen im Zusammenhang mit der Ausführung der lokalen Entwicklungsstrategie die Aufgabenverteilung zwischen den LAG und den Behörden fest. Die Aufgaben der LAG können umfassen:

  • Planung und Ausführung der Strategien einer von der Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklung;
  • Befähigung der lokalen Handlungsträger zur Planung und Ausführung von Projekten;
  • Erarbeitung eines transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens mitsamt objektiver Auswahlkriterien. Damit dürften Interessenkonflikte vermieden und zudem gewährleistet werden, dass mindestens 50 % der im Auswahlverfahren abgegebenen Stimmen von Partnern stammen, die nicht der öffentlichen Hand zuzurechnen sind;
  • Sorge tragen dafür, dass die ausgewählten Projekte zur lokalen Entwicklungsstrategie passen und anhand ihres jeweiligen Beitrags zu den Zielen der lokalen Entwicklungsstrategie in eine Rangfolge gebracht werden;
  • Erarbeitung und Veröffentlichung von Aufforderungen (oder eines fortlaufenden Prozesses) zur Einreichung von Projektvorschlägen sowie Entgegennahme und Prüfung der Vorschläge;
  • Überwachung der Strategieausführung und der Ausführung der auf die Strategie gestützten Vorhaben mitsamt Ausführung individueller Bewertungen.

Die LAG dürfen Begünstigter sein und im Rahmen der Strategie Projekte ausführen.

FOKUSGRUPPE 1: Die ENRD-Kontaktstelle hat in der Programmperiode 2007-2013 vier Fokusgruppen ermöglicht, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Ausführung des LEADER-Konzepts auseinandersetzten. Fokusgruppe 1 befasste sich mit der Anwendung des Bottom-up-Ansatzes.

Bericht über die Anwendung des Bottom-up-Ansatzes

Organisationsstruktur einer LAG

Die wichtigsten Säulen einer LAG sind in der Regel ihre Mitglieder, ihre Beschlussorgane und ihr qualifiziertes Personal. Umfang und Zusammensetzung dieser drei Säulen sind von LAG zu LAG verschieden und richten sich oftmals nach der Höhe des LAG-Budgets.

Mitglieder

Mitglied in einer LAG können sowohl natürliche Personen in ihrer Eigenschaft als Privatperson oder als Vertreter von Unternehmen und anderen Organisationen, die im Gebiet der LAG leben und/oder arbeiten, wie auch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisationen werden, die im Gebiet der LAG ansässig sind. Die Mitglieder bilden das wichtigste Rad im Getriebe der LAG. Manche LAG erheben einen niedrigen Mitgliedsbeitrag, um sich auch aus Privatmitteln zu finanzieren und das Engagement der Mitglieder in der LAG zu stärken. Wie die Praxis gezeigt hat, sollten die LAG im Wege einer entsprechenden Analyse dafür sorgen, dass ihre Mitglieder weitgehend repräsentativ sind und sich unter ihnen maßgebende lokale Partner befinden, die zur Arbeit der LAG beitragen können.

Lenkungs- und Kontrollrahmen

Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann eine LAG vorbehaltlich ihrer Satzung frei über ihre Organisationsstruktur entscheiden. Manche LAG haben vergleichsweise wenige Mitglieder, die aber ausnahmslos an der Arbeit und an der Beschlussfassung der LAG mitwirken. Andere hingegen sind so groß, dass sie sich einen komplexen Lenkungs- und Kontrollrahmen aus Vorstand, Hauptversammlung und Unterausschüssen geben.

Hauptversammlung

Eine etwaige Hauptversammlung wird ein oder zwei Mal jährlich einberufen. Dazu ergeht eine entsprechende Einladung an alle Mitglieder der LAG. Die Hauptversammlung wählt aus dem Kreis der LAG-Mitglieder die Vorstandsmitglieder und den (bisweilen auch „Präsident“ genannten) Vorstandsvorsitzenden der LAG. Bei der Wahl sollen sowohl das Prinzip der öffentlich-privaten Partnerschaft wie auch der Gleichbehandlungsgrundsatz (Herkunft, Geschlecht, Alter usw.) zur Anwendung kommen. Sofern in der Satzung vorgesehen, kann eine Hauptversammlung weitere Pflichten haben wie etwa die Genehmigung des Jahresabschlusses der LAG oder die Änderung der Satzung selbst. Die Zusammensetzung der Hauptversammlung muss den Vorgaben der CPR entsprechen. Für jedes Beschlussorgan gilt zudem, dass keine Interessengruppe mehr als 49 % seiner Mitglieder stellen darf.

Vorstand

Der LAG-Vorstand kann sich aus dem gesamten Mitgliederkreis der LAG oder aus Teilen desselben zusammensetzen. Die Vorstandsmitglieder wählen aus ihrem Kreis den Vorstandsvorsitzenden (auch Präsident genannt). Der Vorstand trifft die Alltagsentscheidungen der LAG, leitet den Betrieb der LAG und beaufsichtigt die Erfüllung ihrer rechtlichen und finanziellen Pflichten. Die Zusammensetzung und die Zusammenkünfte des Vorstands sind zumeist in der Satzung geregelt; für gewöhnlich umfasst der Vorstand 10 bis 20 Mitglieder und tritt monatlich oder zweimonatlich zusammen. Bei der Zusammensetzung sind überdies die Vorgaben der CPR zu beachten. Für jedes Beschlussorgan gilt zudem, dass keine Interessengruppe mehr als 49 % seiner Mitglieder stellen darf, wobei die öffentliche Hand im Ganzen gerechnet wird. Die Vorstandsmitglieder unterzeichnen in der Regel eine Geheimhaltungserklärung in Bezug auf sämtliche Informationen, die ihnen aufgrund ihrer Stellung zum Beispiel über Projektanträge zur Kenntnis gelangen. Da die Vorstandsmitglieder als Ortsansässige und als Aktivisten bisweilen in einem Interessenkonflikt stehen, muss eindeutig geregelt sein, in welchen Fällen ein Vorstandmitglied mit widerstreitenden Interessen nicht an der Beschlussfassung der LAG teilnehmen darf.

Unterausschüsse

Hauptversammlung oder Vorstand der LAG können Unterausschüsse oder Expertengruppen einsetzen, die kurzzeitig oder dauerhaft bestimmte Aufgaben erledigen. Dazu können die Vorbereitung und Prüfung von Unterlagen zählen, die dem Vorstand zur Beschlussfassung vorzulegen sind. Typische Beispiele sind Unterausschüsse für Projektbewertung, Projektüberwachung und Kooperation. In diesen Gremien können Themen ausführlicher besprochen und vorbereitet werden als im Vorstand.

Belegschaft

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LAG werden von der LAG bzw. vom Vorstand eingestellt. Das Beschäftigungsverhältnis kann mit einem der Partner geschlossen werden; häufig ist es der federführende Partner für Verwaltung und Finanzen. Die Einstellungsentscheidungen müssen im Einklang mit dem Geschäftsführungs- und Sensibilisierungsbudget der LAG getroffen werden, dessen Anteil an den Gesamtausgaben der LAG an öffentlichen Mitteln höchstens 25 % betragen darf. Da sowohl die Budgets als auch die Geschäftsführungs- und Sensibilisierungsaufgaben der LAG sehr stark voneinander abweichen, bestehen auch große Unterschiede in der Personalausstattung; sie kann von umgerechnet weniger als einer Vollzeitkraft bis hin zu umgerechnet mehr als fünf Vollzeitkräften reichen. Für eine LAG typische Tätigkeitsfelder sind Geschäftsführung, Projektberatung, Sensibilisierung, Unternehmensberatung und Sekretariat.

Buchhaltung und Abschlussprüfung

Die LAG dürfen zwar eine eigene Buchhaltungskraft beschäftigen, doch wird die Buchhaltung zumeist eher an Dritte vergeben oder von einem Belegschaftsmitglied des federführenden Partners für Verwaltung übernommen. Die Buchhaltungskraft spielt eine maßgebende Rolle für den erfolgreichen Betrieb einer LAG und neben den Abschlussprüfern bei der Aufstellung der Rechnungsabschlüsse. Die Abschlussprüfer dürfen im Übrigen nicht nur im Rahmen ihrer Prüfung, sondern das ganze Jahr über Verwaltungs- und Finanzberatung leisten.

Die Aufgaben des Vorstands und der Belegschaft

Die LAG (bzw. der Vorstand) prüft und entscheidet

Die nächste wichtige Aufgabe nach der Ausarbeitung und Genehmigung der lokalen Entwicklungsstrategie besteht für die Mitglieder bzw. den Vorstand der LAG darin, die zur Realisierung der Strategie eingereichten Projektanträge zu prüfen, ihre Dringlichkeit zu beurteilen und eine Auswahl zu treffen. Die Entscheidungsfindung muss im Einklang mit den entsprechenden Regelungen der LAG und der CPR erfolgen. Dem Vorstand fallen überdies viele weitere Aufgaben zu. Seine Mitglieder sollten zum Beispiel ein fachkundiges Gespür für die Sensibilisierungs- und Beratungsarbeit der LAG mit Projektantragstellern vorweisen können. Sie dürfen sogar selbst Projektantragsteller und Projektträger sein, müssen dabei aber die Interessenkonfliktregeln der LAG beachten. Zum Erhalt der Fachkompetenz des Vorstands können die Verwaltungsbehörden oder die nationalen Netzwerke für die Entwicklung des ländlichen Raums (NLR) landesweit oder regional entsprechende Schulungen veranstalten.

Die Rolle des Geschäftsführers und des übrigen Personals

Der LAG-Geschäftsführer kann gemeinsam mit anderen Belegschaftsmitgliedern und gegebenenfalls bestehenden Unterausschüssen die Weiterentwicklung der ersten Projektidee eines Antragstellers zu einem Projektplan und die Beantragung einer tragfähigen Finanzierung unterstützen. Für gewöhnlich begutachten der Geschäftsführer und das Personal der LAG Projektanträge anhand der Strategieauswahlkriterien und unter Anwendung des LAG-eigenen Bewertungsverfahrens. Dem Geschäftsführer obliegt die Vorbereitung der Projektpräsentationen gegenüber dem Vorstand.

Der Geschäftsführer spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung von Projektvorbereitung und Projektauswahl sowie bei der Unterstützung oder Beaufsichtigung des LAG-Personals einschließlich der Erfüllung ihrer Aufgaben wie etwa Beratung, Sensibilisierung, Zahlungsabwicklung, Verwaltung, Zusammenarbeit, Begleitung und Bewertung. Der Geschäftsführer hat zudem Kooperations- und Netzwerkaufgaben zu leisten und ist folglich in vielen Fällen die Stimme oder das Gesicht der LAG nach außen.

In jenen Mitgliedstaaten, in denen die LAG sowohl für die Projektauswahl bzw. Projektgenehmigung als auch für Projektzahlungen verantwortlich sind, müssen diese zwei Aufgaben verschiedenen Belegschaftsmitgliedern übertragen werden.